1. Einleitung:
Liebes Zirkus Publikum,
Ein Schulzirkus ist eine tolle Sache und spricht alle unsere Sinne an!
Die Geschichte unseres Schulzirkus reicht bis in das Jahr 2000 zurück. Damals habe ich, Andrea Honekamp, als 1. Fachlehrerin für Körperbehinderte in dieser Schule, die Berufsschulstufe unterrichtet, mit denen ich als Freizeitgestaltung Zirkus-Kunststücke einübte mit eigentlich physiotherapeutischem Material wie Pezzibällen, Langbank, ect. Frisch aus dem Pädagogischen Fachseminar in Karlsruhe übernommen, wo unter anderem auch Theater und Zirkuspädagogik als Seminare angeboten wurden, war ich davon mehr als überzeugt. Nach 1 bis 2 Jahren traute ich mich, eine kleine Vorstellung vor Eltern und Schülern des Hufeisen zu zeigen im Gymnastiksaal.
Eine externe Physiotherapeutin, Frau Pape, beobachtete dieses wohlwollend und organisierte eine großzügige Spende durch ihren Club Die Suroptimisten, die nur für unseren Schulzirkus verwendet werden durfte. Dafür bin ich heute noch dankbar! Dieses war der entscheidende Impuls für weiteren Zirkusaufbau. Wir kauften von dem Geld zwei Laufkugeln, Poys, Jonglier- und Zauber-Equipment und sogar ein Trapez, wofür bis heute allerdings die elektrische Aufhängung an der Sporthallendecke fehlt. (Das ist unser nächstes Ziel.)
Ein weiterer wichtiger Impuls kam von meiner Anwärterin Frau Hohagen, die jetzt in Ladenburg an der Martins-Schule unterrichtet. Sie traute sich mit einer reinen Schwerst-Mehrfach-Behinderten Klasse eine Zirkuseinheit zu führen und diese auch in der Staatlichen Prüfung zu zeigen, was prompt belohnt wurde. Wie stolz sich die Schüler mit akrobatischen Kunststücken auf Riesenbällen oder Schaukeln präsentierten! Nach und nach bekam ich mehr Unterstützung, meine Anwärterin Frau Kailich, mit der wir auch die slagline-Artistik einführten und Rhönräder mit Frau Speck.
Meine FLK-Kollegin Frau Schreiber, ebenfalls eine Physiotherapeutin, kam dazu.
Wir arbeiteten sehr gut und kontinuierlich zusammen seither, nahmen als Zirkus Fortbildungen des Zirkus Zappzarapp teil und haben schon viele Vorstellungen geplant, vorbereitet und durchgeführt mit unseren treuen Zirkusartisten
Bei den folgenden 20- bis 30-minütigen Vorstellungen halfen immer gerne Lehrerkollegen und FSJs. Wir brauchten sie als DJ, Vorhang- und Betreuungsperson, zum Schminken und beruhigen, ect.
Als drittes konstantes Zirkusteam Mitglied stieß Markus Mägerle von der Internatsgruppe 1 20 dazu. Er ist eine sehr wichtige Ergänzung bzgl. Jonglage und Zirkuserfahrung, da er in seiner Jugend im Mannheimer Kinderzirkus Paletti jahrelang mitwirkte. So kann er sein Können als Jongleur und anderes mit einbringen und die Artisten fachmännisch anleiten.
Laura Riedel, eine Studentin von der PH in Heidelberg, begleitete uns in den letzten Jahren sporadisch, eine tolle Zirkusartistin mit Können am Trapez, Einrad und Laufkugeln, Körperartistik und überhaupt. Mit ihr hatten wir unsere erste beeindruckende Trapez Vorstellung auf dem Schlosskonzert im Jahre 2018 und eine
tolle Projektwoche 2017. Wir hoffen, dass sie zurückkommt nach ihrem Studium als Sonderschullehrerin und wieder bei uns einsteigt!
5 entfällt, keine Genehmigung für Johanna
Eine erste Tiernummer gab es auch mit der Klassenlehrerin Frau Böhme, deren Hund Tapir alle Hindernisse überwand und sogar auf der großen Laufkugel balancierte!!! Das machte allen Schülern Spaß und sie spielten selber eine Tierdressur in abenteuerlichen Kostümen.
In den letzten Jahren habe wir eine starke Unterstützung aus den Reihen des Internats, in UEFA der Grundschulklasse zwei Jahre lang und in diesem Schuljahr in der Zirkus EBA der Grundschule. So sind wir mittlerweile gut besetzt und können die Artisten gut unterstützen.
2. Pädagogische Lerninhalte und Bedeutung der Zirkusarbeit
Auf der folgenden Seite habe ich eine stichwortartige Zusammenfassung der vielfältigen Förderaspekte der Zirkuspädagogik gelistet für Pädagogen, Therapeuten und Interessierte…
Aspekte von einem Schulzirkus
1. Kennenlernen der Zirkuswelt mit psychomotorischen Ansatz:
Am Anfang wird viel ausprobiert und erfahren, erst später ein Zirkusthema
festgelegt, wie Artistik oder Jonglage. Wichtig ist, die Schüler dort abholen, wo sie stehen; ihre Fähigkeiten aufgreifen und verfeinern.
2. Therapeutische Förderaspekte:
sind für uns als Fachlehrer für Körperbehinderte die zentrale Thematik:
- Förderung von Gleichgewicht und Koordination, z.B. Rondolo
- Verbesserung der Feinkoordination (z.B. Zaubern) und
- Auge-Hand-Koordination (z.B. Jonglage)
- Förderung von allgemeiner Muskelkraft (z.B. Trapez, Körperartistik)
- Verbesserung der Haltung (z.B. auf Pezziball, Präsentieren: Hepp)
- Förderung und Anbahnung von Bewegungsübergängen bei allen Ge-legenheiten
- Verbesserung der Selbstwahrnehmung des eigenen Körpers, im Raum und mit neuen Materialien
3. Psychosoziale Förderaspekte:
- Arbeit im Team: Wir sind ein Zirkus, Ich bin ein Artist und gehöre dazu
- Wir helfen einander, wir applaudieren uns gegenseitig, wir überlegen neue Ideen, wir sind kreativ
- Verbesserung des Selbstbewusstseins: Ich bekomme Applaus, ich traue mich vor einem Publikum aufzutreten, ich kann ein Kunststück,
- ich überwinde meine Ängste vor neuen Herausforderungen
- Verbesserung der Kooperation vor allem von Schülern mit autistischen Zügen: sie verlieren ihre Angst vor großen Menschen Ansammlungenund sind stolz darauf, sich zu präsentieren.
- Spaß an der Bewegung, am Spiel und der Selbstdarstellung
4. Aspekte der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik:
- Förderung der visuellen Wahrnehmung in vielen Aktivitäten enthalten, verstärkt durch leuchtende Materialien, Raumwahrnehmung, Signale
- Auge-Hand-Koordination
- Moderation der Zirkusvorstellung/Audiodiscription
- Erwerb von neuen Fähigkeiten
- taktile und akustische Orientierungshilfen
- ganzheitliches Angebot zur Förderung der Körperwahrnehmung (Richtungen, Gewicht, Wahrnehmung der Körperteile)
- Begriffsbildung (Trapez, Jonglage…)
- Präsentieren, Auftreten vor der Gruppe
5. Fachübergreifende Zirkusthematik:
- Sport/Psychomotorik
- Deutsch: sprachliche Darstellung, Theater (z.B. Clown), Unterstützte Kommunikation
- Musik: Rhythmus und Rituale (besondere Musik für den Anfang und das Ende der Zirkusstunde, das sich auch bei der Aufführung wieder- holt, musikalische Gestaltung der Zirkusauftritte)
- Kunst: Herstellen der Maske, Kostüme, Dekoration, Plakate, Eintrittskarten
- Mathematik: Eintrittsgeld und Zirkuskartenverkauf, 1-2-3 hepp, räumliche Orientierung (z.B. auf Pezziball: vor und zurück, rechts und links)
6. Inklusive Zirkusarbeit:
alle Fachbereiche in unserem Schulzirkus:
Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, Förderschwerpunkt Motorik und Bewegung, Grundschule, Förderschule, Realschule, Berufsschulstufe
7. Mögliche weiterführende Schritte:
- Kooperation mit einem anderen Schulzirkus (Zirkus des Bachgymnasiums und einer Körperbehinderten-Schule/Martinsschule)
- Besuch eines richtigen Zirkus
- inladung einer professionellen Zirkusschule in unsere Einrichtung und Ausführung einer Projektwoche (Zirkus Zappzarapp)
In den letzten zehn bis zwanzig Jahren der allgemeinen Schulentwicklung hat der Schulzirkus einen wichtigen Stellenwert erhalten. In vielen Schulen gibt es dazu feste AGS oder Projekt Angebote. Gerne werden professionelle Zirkusschulen eingeladen, wie auch wir gerne den Zirkus Zappzarapp einladen möchten in der Zukunft.
Im Bildungsplan der Grundschule ist die Zirkuspädagogik im Bewegungsbereich enthalten, weil gerade in diesem Alter Kinder hoch motiviert die Zirkuswelt spielerisch entdecken, ihre obengenannten Fähigkeiten dabei fast automatisch entwickeln und an Selbstvertrauen wachsen! Weiteres siehe oben..
3. Öffentlichkeitsarbeit und Kooperation
Ein Zirkus lebt vom Publikum. Das fleißige Trainieren, neu entdecken und probieren, Kreative Ideen, Teamarbeit und Spaß… alles läuft auf einen Auftritt vor Publikum hinaus, Applaus und Anerkennung..
Darum haben die Auftritte oft erst intern stattgefunden vor Schülern und Lehrern bzw. Erziehern, Eltern,später dann auch gerne auf Schulfesten für die breite Öffentlichkeit.
Das abwechslungsreiche Programm, Musik und Kostüme war dabei auch immer ein Magnet für die Presse, sodass unser Zirkus oft in den lokalen Zeitungen Präsenz hatte.
Wir sind stolz auf die positiv Entwicklung mit guter Außenwirkung auf Besucher und Presse und vor allem ein Riesenspaß für unsere Artisten und damit unserem Zirkusteam!
Wir haben eine Kooperation mit dem Schulzirkus Bachelli vom Bach Gymnasium, der dieses Jahr eigentlich zum 3. Mal kommen wollte. Leider können wir durch die aktuelle Corona-Krise nichts zusichern. Dieser Zirkus ist ein tolles Highlight mit sehr professionellen Kunststücken und extra für uns wird von den Schülern sogar eine Audio-Discription vorbereitet, damit auch alle wissen, was dort auf der Bühne in der Sporthalle passiert. Herr Tischer leitet diesen Schul-Zirkus seit Jahrzehnten fast allein mit den fitten Gymnasiasten. Die kleinen lernen von den großen,.. so wie bei uns.
4. Aktuelles Schuljahr 2019/20:
In diesem Schuljahr existieren zwei Zirkusgruppen.
Die altbewährte Zirkus AG findet in der Sporthalle jeden Montag von 13.15 bzw. für die Schloss-Schüler ab 13.30 Uhr bis 14 Uhr als Freizeit- und Pausengestaltung statt. Diese AG lebt Inklusion mit jeder Pore…!
Wir haben dort Schüler von beiden großen Abteilungen: Schloss- und Hufeisen. Momentan sind es ein Schüler und 8 Schülerinnen. Vom Schloss ist die Grundstufe bis Realschule vertreten vom der Geistig-Behinderten Abteilung sind es Grundschüler, Haupt und Förderschüler bis zur Berufsschulstufe.
Dadurch ist die Palette der Kunststücke sehr abwechslungsreich und jeder Artist kann sich nach seinen Fähigkeiten einbringen. Das reicht von der Grundlage von Körperartistik, Einradfahren (Vorstufe und fortgeschritten), Trapez und Jonglage in allen Varianten (Tücher, Poys, Diabolo, Teller und Zauberstick). Auch Rondolo und Laufkugel sind vertreten. Möglich wird es durch gute Teamarbeit und die Basis dafür ist Sozialverhalten, die Jungen lernen von den älteren, die schwachen bekommen Unterstützung von den stärkeren, und vor allem niemand darf ausgelacht werden!
In den letzten Jahren trat die Zirkus-AG jedes Mal auf dem Schlosskonzert in einem ca 5-minütigen Auftritt auf, der es aber in sich hatte. Auch auf einer Einschulungsfeier war sie vertreten.
Die zweite Gruppe ist die Zirkus EBA der Grundschule.
Sie findet Dienstags von 14.05 bis 15.35 Uhr statt in der Gymnastikhalle oder Sporthalle. Zirkusteamer sind neben mir Markus Mägerle und Internatserzieherinnen und eine FSJ.
In dieser Doppelstunde lernen die Grundschüler in einem halben Schuljahr Grundlagen bzw. Einblicke in die Zirkusarbeit in den Bereichen Körperartistik, Trapez, Jonglage, Koordinative Gleichgewichts-Angebote wie Rondolo oder Bärenrolle, ..
Bewegungsspiele aus der Theaterpädagogik oder Psychomotorik als Einleitung, im Hauptteil ein Bewegungs-Parcour mit Zirkuselementen und am Ende Entspannung und Reflexion… So sieht oft ein Stundenaufbau aus.
Dabei lernen die Artisten nach und nach die verschiedenen Zirkusmaterialien und -fertigkeiten kennen.
Am Ende jeder EBA planen wir einen Auftritt, wo sich die Schüler vor Publikum präsentieren können und an Selbstbewusstsein gewinnen. Dieses fand am 11.2.2020 im Gymnastiksaale vor Mitschülern und Internatsleitungen statt und machte allen spontan sehr viel Spaß. Hier traten die alten und neuen Artisten zusammen auf, nachdem sie in einer halben Stunde den Ablauf einstudierten, und zeigten folgendes Programm: Trapez und Affenschaukel, Vorstufe Einrad, Teller-Jonglage und am Ende eine Fallschirm Entspannung für alle.
5. Resümee und Ausblick:
Insgesamt hat sich der Schulzirkus in der Schloss Schule, bzw. Sbbz-Ilvesheim, etabliert und bewährt. Die noch anstehenden Programmpunkte in diesem Schuljahr, Auftritt beim Schlosskonzert am 3.4.2020 und der Besuch des Zirkus Bachelli am 22.7.2020 sind durch die aktuelle Corona-Krise überschattet und in ihrer Ausführung dadurch noch unsicher. Das Schlosskonzert findet, wenn überhaupt, eher zu einem späteren Datum statt.
Wir müssen abwarten und hoffen das Beste!!